2015/09/23

Verdammt lang her

Aufmerksame Leser dieses Blogs – und auch der Teil des Freundeskreises, der hier mitliest – dürfte wissen, dass ich getrost als Sonntagsfahrer bezeichnet werden kann, und dass wir Eigentümer eines nicht gerade neuen Familienwagens sind. Besser gesagt – seit gestern – waren.
Nach auf den Monat genau einem Vierteljahrhundert haben wir uns schweren Herzens entschieden, der geliebten Familienkutsche Lebewohl zu sagen. Ich selbst bin seit meinem zehnten Lebensjahr mit diesem Opel Kadett groß geworden. Zuerst saß ich immer hinten rechts, dann immer öfter auch auf dem Beifahrersitz, bevor ich dann mit neunzehn Jahren – nach dem Erwerb des Führerscheins – erstmals selber den Wagen fahren durfte. Mann, war ich mächtig stolz darauf, dass mich mein Vater fahren ließ, wenn auch stets in Begleitung!
Seit knapp sechs Jahren war ich leider Gottes nur mehr alleiniger Fahrer des Familienautos, in dem zuerst die Dame des Hauses auf dem Beifahrersitz Platz nahm, bevor die Rückbank erneut mehr in Anspruch genommen wurde, zunächst hinten rechts, dann auch hinten links.

Nun hieß es also nach genau 25 Jahren Abschied nehmen. Nach langem Hin und Her, nach dem Abwägen der Argumente für und wider haben wir uns entschieden, uns einen neuen Wagen anzuschaffen. Zwar waren die niedrige gefahrene Kilometerzahl, der exzellente Zustand und die Aussicht auf einen Oldtimer in einigen Jahren zweifelsohne verlockend und die schönen Erinnerungen ein weiterer triftiger Grund für das Behalten, aber schließlich überwogen auf der anderen Seite die kleineren technischen Mängel, die in den nächsten Jahren womöglich vermehrt auftreten können, die jedes zweite – bald womöglich jedes Jahr – anfallende Hauptuntersuchung, der Sicherheitsaspekt bei zwei Kleinen und ähnliche Überlegungen. Aufgrund der Kosten und der fehlenden zweiten Garage kam das Auto auch als Zweitwagen oder „Museumsstück“ nicht wirklich in Betracht.

In solchen Momenten wird man ein wenig sentimental und denkt an die schönen Zeiten zurück, lässt Augenblicke und Gefühle Revue passieren. Doch Erinnerungen leben in Wirklichkeit in unserem Kopf, in unserem Herzen und in unserer Seele, es besteht also kein Grund, sich allzu fest an bestimmte Gegenstände zu klammern. Wir haben alles getan, um auf das uns ungewollt anvertraute Auto aufzupassen, es so zu bewahren, wie es auch mein Vater lange Jahre getan hat und gewollt hätte. Und darauf bin ich mächtig stolz. Mach’s gut, mein treuer Kumpel – es ist Zeit für frischen Wind...


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